Übersetzter Ertrag (Netto- bzw. Bruttorendite)

Der Bruttoertrag aus einer Liegenschaft besteht aus den gesamten Mietzinseinnahmen. Dagegen ist der Nettoertrag die Summe, die der Vermieterin von den Mietzinseinnahmen verbleibt, nachdem sie sämtliche Unterhalts-, Betriebs-, Verwaltungs- und Fremdkapitalkosten (Hypothekarzinsen) bezahlt hat. Setzt man den Brutto- bzw. Nettoertrag ins Verhältnis zu den Anlagekosten (Kaufpreis bzw. Bau- und Landerwerbskosten), erhält man die Brutto- bzw. Nettorendite einer Liegenschaft. Für mietrechtliche Zwecke taugt allerdings nur eine konkrete Renditeberechnung: Die einzelnen Positionen aus der Liegenschaftenrechnung müssen nach einem sinnvollen Verteilschlüssel (Anzahl m2, Anzahl Zimmer etc.) auf das Mietobjekt umgelegt werden.

 

Die Nettorendite im Sinne von Art. 269 OR orientiert nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts grundsätzlich am aktuellen Referenzzinssatz (d.h. dem geglätten Zinssatz für Hypotheken). Lange Zeit wurde zum Referenzzins ein Zuschlag von 0.5% als zulässig erachtet (s. BGE 123 III 171 E. 6a). Im gegenwärtigen tiefen Zinsumfeld führt dieser Satz aber zu verzerrten Resultaten. In einem Urteil vom 26. Oktober 2020 hat das Bundesgericht daher bestimmt, dass die Nettorendite bei einem Referenzzins von 2 oder weniger Prozent um max. 2% über diesem Referenzzins liegen darf (BGE 4A_554/2019 E. 8.4). Bei einem Referenzzins von 1.25% beträgt die maximal zulässige Nettorendite daher 3.25%. Abgestellt wird dabei seit 1. Januar 2008 auf einen in der ganzen Schweiz einheitlichen Referenzzinssatz, welcher vom Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartement vierteljährlich erhoben wird (Art. 12a VMWG). 

 

Die Bruttorendite nach Art. 269a lit. c OR galt während Jahren nicht missbräuchlich, solange sie nicht mehr als 2 % höher war als der genannte Referenzzinssatz (BGE 118 II 124 E. 5). Mit Rücksicht auf die Praxisänderung bei der Nettorenditeberechnung ist auch hier im aktuellen Tiefzinsumfeld eine Korrektur nötig. Überträgt man die Überlegungen des oben zitierten Leitentscheides auf die Bruttorendite, so muss diese ebenfalls erhöht werden, solange der Referenzzins auf tiefem Niveau verharrt. Zu berücksichtigen wird allerdings sein, dass die Bruttorendite auch auf dem Fremdkapital berechnet wird. Dies erfordert eine Anpassung, beispielsweise durch eine Halbierung des bundesgerichtlichen Zuschlags auf dem zulässigen Nettorenditesatz. Konkretere Angaben sind momentan nicht möglich, denn diese Fragen sind in der Lehre umstritten und bislang soweit ersichtlich nicht durch einen Gerichtsentscheid geklärt. Die Bruttorendite ist für die Ertragslage einer Liegenschaft nur bei Neubauten aussagekräftig. Das Kriterium darf daher nur für neuere (max. 10-jährige) Bauten angewandt werden.

 

Die Rendite kann nur anhand der gesamten Buchhaltung der Vermieterin ermittelt werden. Dies ist ausserordentlich aufwendig. Beweisen muss die Rendite, wer daraus ein Recht ableitet. Bei der Anfechtung eines Anfangsmietzinses ist das die Mieterin, während der Vermieter die Beweislast trägt, wenn er geltend macht, die von der Mieterin verlangte Anpassung des Mietzinses an einen gesunkenen Hypothekarzins führe zu einem ungenügenden Ertrag. Auch in den Fällen, in denen die Mieterin die Beweislast trägt, muss ihr der Vermieter die Grundlagen der Berechnung offenlegen, soweit er über die Belege verfügt (BGE 4A_554/2019 E. 6; BGE 142 III 568).

 

Netto- wie Bruttorendite sollen im laufenden Mietverhältnis aus Gründen des Vertrauensschutzes nicht zu einer völlig neuen Mietzinsberechnung führen. Ihre Anwendung unterliegt daher Beschränkungen (s. Verhältnis der Anpassungskriterien).